Eine kleine Holzbank, tomatenrot angestrichen, steht am Dienstag, den 24.05. in der Pausenhalle des Friedrich-Dessauer-Gymnasiums in Aschaffenburg. Im alltäglichen Trubel der Pause bildet sich eine kleine Menschenmenge um mehrere große Stellwände mit Plakaten und eben jene besagte rote Bank.

Die rote Bank soll als Symbol gegen sexuelle Gewalt gegen Frauen und Mädchen stehen. An diesem Dienstag darf sich jede und jeder mit ihrem oder seinem eigenen Statement gegen geschlechterspezifische Gewalt auf der roten Bank ablichten lassen und ein Zeichen setzen. Anschließend werden die auf Plakate geschriebenen Slogans an den Stellwänden gesammelt und aufgehängt. „Starke Männer achten Frauen!“ oder „Gewalt beginnt mit Sprache“ oder „Nein heißt Nein“ sind nur einige der selbstgewählten Statements aus der Schulfamilie.

Initiiert wurde die Aktion „Rote Bank“ am FDG von mehreren Schülerinnen der Oberstufe, die in und außerhalb der Schule sexuelle Stereotype beobachteten. Als die jungen Frauen beschließen, etwas dagegen zu tun, kontaktieren sie gemeinsam mit einem Team aus Lehrer*innen die Organisation SEFRA. SEFRA ist ein Selbsthilfe- und Beratungszentrum für Frauen in Aschaffenburg, das jegliche Form von Hilfe für Frauen anbietet, die häusliche Gewalt, sexuelle Belästigung oder Stalking erfahren haben. Auch SEFRA war sofort bereit an dem Projekt mitzuwirken. 

Gemeinsam mit SEFRA entstand nun die Idee der Aktion Rote Bank. Ursprünglich kommt diese Idee aus Italien, wo 2014 in Turin die erste rote Bank stand. Die rote Farbe soll ins Auge stechen und steht sinnbildlich für das vergossene Blut bei sexueller und häuslicher Gewalt. 

Nur ein paar Slogans aufzuschreiben und sich anschließend fotografieren zu lassen, war der Gruppe von Schülerinnen und Lehrkräften jedoch nicht genug. Zusätzlich gab es am Morgen des 24. Mai für einen Teil der Oberstufe einen Vortrag von Gaby Salner (SEFRA) zum Thema sexuelle Übergriffe und sexuelle Gewalt unter Jugendlichen. Salner sprach über Grenzüberschreitung, erste sexuelle Erfahrungen, sexistische Vorurteile und warum bzw. wie es diese aufzulösen gilt. Außerdem veranstalteten Frau Kapraun und Herr Müller-Gebauer anschließend einen Workshop mit Schülerinnen und Schülern der 10. und 11. Klasse. Hier haben die Schüler*innen in mehreren Kleingruppen das Phänomen diskutiert, sich ausgetauscht und erste Ideen herausgearbeitet, wie auch die eigene Schule ein Ort mit weniger Sexismus und sexueller Belästigung werden könnte. 

Dabei stellte sich schnell heraus, dass das Thema nicht nur komplex, sondern auch weitreichend ist. Was genau ist Gewalt, wo fängt sie an? Wie kommt ein solcher Umgang miteinander zustande? Und was kann man tun für mehr gegenseitiges Verständnis? Alles Fragen, die nicht nur die Frage der geschlechtsspezifischen Übergriffigkeit tangieren, sondern den zwischenmenschlichen Umgang miteinander generell in den Blick nehmen lassen.  

Maßgeblich unterstützt wurde die Aktion außerdem von der Schulsozialpädagogin Sara Albert, den Ethiklehrerinnen Julia Grundner und Angela Pechtl und der Referendarin Patricia Diel, die sich tatkräftig und mit ganzem Herzen in die Aktion einbrachten.  

Alles in allem ein erfolgreicher Tag für den Humanismus am Friedrich-Dessauer-Gymnasium. Trotzdem sollte erwähnt werden, dass solche Aktionstage nur dann nachhaltig sind, wenn die geäußerte Kritik auch im Herzen ankommt, wenn gegenseitiges Verständnis, ein Zugehen aufeinander und letztlich eine Veränderung folgen. Auch an Schulen existieren noch veraltete Rollenbilder, die Platz für Sexismus und sexuelle Belästigung schaffen. Diese Rollenbilder aufzulösen und somit dem Sexismus und der sexuellen Belästigungen den Platz zu nehmen, war allen Beteiligten ein großes Anliegen. Schule bietet hierfür, als Brennglas auf die Gesellschaft, einen guten Raum – und den Anfangspunkt für eine nachhaltige Veränderung. 

Carlotta Hein, Q11