Wann beginnt Alltags-Rassismus? Was kann ich tun, wenn ich einen rassistischen Vorfall mitbekomme? Wie führe ich selbst durch einen Workshop?

Mit diesen und vielen anderen Fragen beschäftigte sich eine Gruppe interessierter SchülerInnen der Jahrgangsstufen 10 bis 12 bei einem Workshop der Anne-Frank-Stiftung. Der Politologe Daniel Heinz von der Universität Potsdam war hierfür extra aus Berlin angereist, um mit uns diese Fragen zu diskutieren. Nebenbei lernten die SchülerInnen viele praktische Tipps und Methoden für eigene Workshops kennen, die sie demnächst selber mit jüngeren Jahrgängen durchführen werden. 

Workshop des P-Seminars gegen Rassismus und Antisemitismus mit Daniel Heinz

Begeistert war die Gruppe von den zahlreichen interaktiven Zugangsmöglichkeiten, die ihnen Heinz aufzeigte. So erfolgte eine Diskussion beispielsweise über die „Barometer- Linie“: Die SchülerInnen positionierten sich im Pausenhof auf einer gedachten Linie mit dem Polen JA und NEIN zu bestimmten Aussagen. „Findest du es diskriminierend, wenn der Abiball an einem wichtigen muslimischen oder jüdischen Feiertag stattfindet?“ – Viele SchülerInnen positionierten sich bei dieser Frage in der Mitte, weil sie unentschieden waren. Einiger zeigte sich die Gruppe bei dem Fallbeispiel, wenn ein Mädchen mit Kopftuch an der Supermarktkasse für ihre guten Deutschkenntnisse gelobt wird: Viele sahen dies überwiegend als Diskriminierung an. Im anschließenden Gespräch stellte sich heraus: Zwar sind solche Äußerungen gut gemeint, kommen beim Gegenüber aber nicht wirklich positiv an. Heinz verwendet hier das Bild, dass dir ständig jemand „auf die Füße tritt“: Es mag ohne Absicht sein, tut aber trotzdem weh. Vor allem, wenn es immer wieder vorkommt. 

Genauso verhält es sich mit der oft gestellten Frage „Wo kommst du eigentlich her?“: Der Fragende will damit vielleicht echtes Interesse bekunden, der Befragte wiederum fühlt sich ausgegrenzt, weil er sich aufgrund eines ausländischen Namens oder einer „anderen“ Hautfarbe nicht als „Deutscher“ wahrgenommen fühlt. Man sollte also immer vorher überlegen, wie das Gesagte beim Gegenüber ankommen könnte. 
Jeder gute Workshop hat ein „gutes Ende“:  Heinz schloss mit einer Courage-Übung ab, bei der es darum geht, eigene Handlungsmöglichkeiten zu entwickeln: Die Schüler*innen sollten einem schwarzen Klassenkameraden helfen, der im Bus stets als einziger aus seiner Gruppe vom Kontrolleur nach dem Ticket gefragt wird. Hier einigten sich die SchülerInnen: Es ist vor allem wichtig, NICHT zu schweigen oder wegzusehen. Dies wird als stummes Einverständnis mit dem „Täter“ aufgefasst. Vielmehr sollte man Solidarität mit dem Betroffenen zeigen. Beispielsweise indem man den Kontrolleur fragt, warum er immer nur den schwarzen Jungen kontrolliert. Oder notfalls gemeinsam als Gruppe aus Protest den Bus verlässt. 

Haltung zeigen kann man aber auch beim Abiball: Den einfach so terminieren, dass er eben NICHT auf das Zucker- oder Chanukkafest fällt. Christen wollen sich ja schließlich auch nicht am Heiligabend entscheiden müssen zwischen der jährlichen großen Familienfeier oder der letzten Schulparty ihres Lebens.  

Workshop-TeilnehmerInnen des P-Seminars „Aktiv gegen Rassismus“

OStRin Schütze