Mit dem Ende des Schulhalbjahres 2022 verabschiedeten wir Herrn OStR Gerhard Liebl in den wohlverdienten Ruhestand. Als Musiklehrer und Chorleiter verlässt eine von SchülerInnen und KollegeInnen gleichermaßen wertgeschätzte Institution das FDG. Anlässlich des Abschieds wurde dieses Interview geführt.

Wo sind Sie am 13. September 2022, wenn die Schule wieder beginnt?

An diesem Tag bin ich höchstwahrscheinlich in meiner Wahlheimat Kärnten. Das ist momentan noch etwas in der Schwebe, aber zu 70% werden wir in Kärnten sein, weil sich dort aus etlichen Urlauben viele wertvolle Freundschaften entwickelt haben, von denen man sagt, auf die kann man sich verlassen. Der Wunsch, dort einen Großteil des Jahres zu verbringen, ist von Jahr zu Jahr größer geworden. Dort fühle ich mich zu Hause, denn Kärnten ist aufgrund der Seen, Fahrradwege und kulturellen Angebote, wie zum Beispiel dem Carinthischen Sommer mit KünstlerInnen von Weltklasse eine zweite Heimat geworden.

Was werden Sie am meisten vermissen?

Es gab interessierte SchülerInnnen, die ich vermissen werde. Außerdem haben sich viele gute Kontakte mit KollegInnen entwickelt. Ich habe es auch nicht bereut, hier geblieben zu sein.

Worüber haben Sie sich am meisten aufregen müssen?

Was mich am meisten angefressen hat, war das Hin und Her zwischen G8 und G9 und die immer wieder neu eingeführten Lehrpläne, die im Grunde genommen immer nur simpler geworden sind. Das, was für das Fach Musik in den Vordergrund müsste, z.B. dass man mit Noten umgehen kann, das wurde immer mehr zurückgedrängt. Früher hat man ein Musikbuch mit vielen Notenbeispielen aufgeschlagen, heute sind das fast reine Bilderbücher mit bunten Fotos. Die Profilierung der einzelnen Fächer hat darüber hinaus dazu geführt, dass die Angebote der MusikerInnen leider nicht mehr so viel Zulauf haben. Die SchülerInnen wählen beispielsweise Individualsportarten, wo man sich für sein Fehlen nicht so verantworten muss als beispielsweise im Chor, der mehr Verbindlichkeit hat, weil man gemeinsam weiterkommen muss. Zudem spielt die Größe der Schule eine Rolle. Je nachdem, welche Zweige gewählt werden, schwindet die Zahl der Chormitglieder. Früher hatte ich SchülerInnen, die von der fünften bis zur Abschlussklasse den Chor besucht haben, das ist heutzutage eher eine Seltenheit. Die Corona-Geschichte hat ihr Übriges dazu beigetragen, was man daran sieht, dass wir das letzte Konzert vor zwei Jahren hatten und danach keines mehr. Man hat zwar zwischendurch immer wieder geprobt, aber ohne Ziel oder Konzerttermin, auf den hingearbeitet worden wäre.

Gibt es eine Melodie oder ein Lied, das Sie als Musiklehrer über die Jahre hinweg begleitet hat?

Ja, phasenweise war das der Reißer „Über den Wolken“, seit ein paar Jahren sind es die Prinzen mit „Das ist alles nur geklaut“, was aktuell gerne gesungen wird, ist „We don’t ne no education“ von Pink Floyd. Das ist einfach zu singen, weil es eine tiefe Mittellage hat, die jeder gut mitsingen kann und keine Spitzentöne. Aber in den letzten zwei Jahren war der Gesang leider ganz hinten angeschrieben. 

An welchen besonderen musikalischen Auftritt am FDG erinnern Sie sich noch und warum?

Herr Liebl am Klavier

Ich erinnere mich noch mit Wonne an das Faschingskonzert im Februar 1996. Wir mussten aus terminlichen Gründen zur Faschingszeit ins Stadttheater gehen und haben dort Opernparodien aufgeführt. Damals haben wir mit viel Zeitaufwand ein Riesenprogramm mit Maskerade, mit historischen Klamotten und allem Drum und Dran aufgestellt. Wir hatten zwar sehr viel Arbeit damit gehabt, aber auch sehr viel Spaß. 

Ich denke darüber hinaus gerne an die Konzerte in der Kapuzinerkirche zurück, bspw. an die Mozartmesse oder an die Anfänge der Kirchenkonzerte in der Herz-Jesu-Kirche. Bevor Corona kam, hatte ich gerade mit Männerstimmen einen Aufwärtstrend zu verzeichnen, den die Pandemie zunichtegemacht hat. Auch das Konzert zum Schuljubiläum 2008 werde ich in guter Erinnerung behalten. 

Was war Ihnen als Musiklehrer wichtig, den SchülerInnen mit auf dem Weg zu geben?

In den Zeiten, in denen es möglich war, war es mir besonders wichtig, ziemlich viel zu singen und etwas Praktisches zu machen, was in den letzten zwei Jahren leider völlig in den Hintergrund getreten ist. Was mich auch ein bisschen zermürbt hat, ist, dass man immer nur mit der Maske vorne steht und quasi einen Monolog führt. Manche Klassen lassen das einfach über sich ergehen, wobei ich dieses Jahr viele sympathische Klassen hatte, gerade in den neunten und zehnten Klassen. Was mir auch wichtig ist, ist nicht nur die reine Wissensvermittlung, sondern – was leider immer mehr in den Hintergrund gerät – auch die Herzensbildung, die man bei manchen zumindest antippen und wecken kann. 

Was mich in den letzten Jahren zumindest stutzig gemacht hat, war die Antwort auf die an Abiturienten gestellte Frage, was sie denn studieren wollten. Leider kam nie „weils mich interessiert“, sondern „weil man da ganz gut Kohle machen kann“.  Das ist traurig, denn „Kohle“ ist nicht alles. 

Welchen Ratschlag würden Sie den KollegInnen mit auf dem Weg geben wollen?

Dass sie im Grunde genommen, nicht nur Wissensvermittlung betreiben, sondern sich auch mal Zeit nehmen sollen für private Sorgen und Probleme der SchülerInnen. Das ist genauso wichtig. Man soll wissen, wer vor einem sitzt, was sie plagt und dass man nicht alles todernst nehmen muss – weder den Lehrplan, noch das System – und dass man einen geringen Teil der Stunde auch einfach nur etwas Lustiges macht. Ich sehe die/den LehrerIn nicht nur als WissensvermittlerIn, sondern auch als RatgeberIn, als Kummerkasten oder als AnimateurIn, um sie wieder auf Kurs zu bringen. Man sollte also auch den persönlichen Kontakt zu SchülerInnen suchen, damit sie merken, dass da vorne nicht nur ein/e LehrerIn steht, sondern ein Mensch, der ernst oder lustig sein kann.  Das gehört zum Leben dazu. Man muss nicht alles bierernst nehmen.

Was haben Sie in der Zeit als Lehrer über sich selbst gelernt?

Dass man nicht alles, was man sich vornimmt, durchsetzen und durchführen kann. Auf manche Situationen in der Klasse muss man sofort eingehen, sonst ist man ständig Geisterfahrer in der Klasse. Man muss einen Kompromiss suchen, nicht nur in Bezug auf den Unterrichtsstoff, sondern in Bezug auf die Kommunikation. Ich mache jetzt nicht nur meine Abfragen, sondern rede auch mal persönlich mit der/dem SchülerIn – das war immer mein Stil und das würde ich auch jungen KollegInnen mit auf den Weg geben wollen, weil gerade kommunikationstechnisch vieles durch die vorzugsweise schriftliche Kommunikation verloren geht.

Vielen herzlichen Dank für das Gespräch! Alles Gute für Sie und Ihre Familie!

Das Interview wurde am 18.Februar 2022 von Maria-Th. Jacob geführt.