Im März 2021 jährt sich der Beginn des Syrischen Bürgerkrieges nun schon zum zehnten Mal und die globalen Folgen des Krieges, allen voran die Flucht und Vertreibung von Menschen, die auch in Deutschland um Asyl baten, dauern an. In Syrien selbst haben die Ereignisse dabei kaum von ihrem Schrecken verloren. Es ist daher nicht abwegig, sich auch im Deutschunterricht der Q11 mit der Thematik auseinanderzusetzen und StRin Julia Grundner nahm den Konflikt zum Anlass, Schülerinnen und Schüler, ausgehend von Schopenhauers philosophischem Leidbegriff und dem Film „Für Sama“ (2019), die Thematik diskutieren zu lassen. Sie stellte dazu die folgende Aufgabe:

Leid im syrischen Bürgerkrieg

Der Philosoph Arthur Schopenhauer, der sich mit dem Thema “Leid” philosophisch auseinandergesetzt hat, sagte:
Denn, daß Tausende in Glück und Wonne gelebt hätten, höbe ja nie die Angst und Todesmarter eines Einzelnen auf: und eben so wenig macht mein gegenwärtiges Wohlsein meine früheren Leiden ungeschehn. Wenn daher des Übeln auch hundert Mal weniger auf der Welt wäre, als der Fall ist: so wäre dennoch das bloße Dasein desselben hinreichend, eine Wahrheit zu begründen, welche sich auf verschiedene Weise, wiewohl immer nur etwas indirekt ausdrücken läßt, nämlich, daß wir über das Dasein dieser Welt uns nicht zu freuen, vielmehr zu betrüben haben;. – daß ihr Nichtsein ihrem Dasein vorzuziehen wäre.

Schreibt einen Fließtext mit Zitaten zur folgenden Frage:
Wie sollen wir unser Leben angesichts des fast ein Jahrzehnt währenden Bürgerkrieg in Syrien gestalten? Nehmt bitte unter Bezugnahme auf das Zitat Schopenhauers und die Filmquelle “Für Sama” persönlich Stellung!

Einige Reflexionen der Schülerinnen und Schüler folgen hier im Anschluss. Darüber hinaus gab es für diese auch die Möglichkeit, sich an einer Spendenaktion der Stadt Aschaffenburg für Flüchtlinge im griechischen Moria zu beteiligen, welche rege wahrgenommen wurde. So konnten im Namen der Q11 insgesamt 650 Euro an die Stadt, die zusammen mit dem Stadtjugendring diverse Hilfsorganisationen unterstützt, übergeben werden. Frau Grundners Initiative, globale Probleme unserer Zeit in den Deutschunterricht am FDG zu integrieren, kann somit in vielerlei Hinsicht als Erfolg bezeichnet werden. Einige der Reflexionen von Schülerinnen und Schülern des FDG sollen hier beispielhaft zur Lektüre zur Verfügung gestellt werden.

Paulina Gaffal
Der Syrienkrieg (2011-?)

Wie sollen wir unser Leben angesichts des fast ein Jahrzehnt währenden Bürgerkriegs in Syrien gestalten? Jeder Mensch hat das Recht auf Leben! Auf friedliches Leben, ohne Krieg, ohne Angst und ohne Unterdrückung. Auch in Syrien! Jeder sollte sich für eine Revolution einsetzen, denn diese „Revolution ist friedlich“ und führt zu Glück und Frieden. Es muss sich jetzt endlich mal etwas ändern, nur wie, wenn das „Regime die Prozesse leugn[et] … wenn die syrische Armee das Volk verrät“ … ja, es ist schon soweit gekommen, dass man keinem mehr vertrauen kann, dass man in täglicher Angst leben muss, hat denn die Welt nicht aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt?! Muss ein Kind „nichts als Krieg“ erleben. Nein, das ist keine Kindheit, das ist kein lebenswertes Leben. Wir bekommen bei uns in Deutschland die Freiheit und dennoch schätzen es diverse Menschen, wie z.B. die Anhänger der AfD nicht und wollen uns ein Teil dieser geschenkten Freiheit nehmen, wo jedoch woanders die Menschen, die Bevölkerung von Syrien, „für [die] Freiheit kämpfen.“ Scheint das nicht alles so surreal? Ich sitze hier und schreibe friedlich diesen Aufsatz, während sich woanders Erwachsene, Jugendliche, Kinder… eine Welt wünschen „ohne Bomben.“ Von dieser, ja man kann schon sagen, anderen Welt, bekommt man hier in Deutschland nichts mit. Hier kann man sich so unfassbar glücklich schätzen, kein Leid erfahren zu müssen. Man kann natürlich sagen, dass „Tausende in Glück und Wonne“ leben, doch ist das eine Rechtfertigung dafür, denjenigen nicht zu helfen, die „Angst und Todesmarter“ fühlen müssen? Von so einem Leid und ständiger Angst umgeben zu sein, ist das dann noch lebenswert? Oder zieht man „Das nicht Dasein [dem] Dasein vor“?

Moritz Pieper
Die Philosophie des Leidens

„Alles Leben ist Leiden“, ein zunächst unverständliches Zitat, was sicherlich von einem pessimistischen oder sogar depressiven Menschen stammen muss. Dies trifft hier tatsächlich in gewisser Weise schon zu. Es kommt von Arthur Schopenhauer, ein Philosoph, der sich vor allem mit dem Thema Leid befasste und dies als Ausgangspunkt seines Lebens sah. Um dies von sich behaupten zu können, muss man viel Lebenserfahrung voraussetzen. Schopenhauer hatte im Alter von 17 Jahren schon mehr Erkenntnisse als die meisten Gleichaltrigen gesammelt. Er verglich den Jammer des Lebens, obwohl er noch keine gelehrte Schulbildung bekam, mit der Lehre des Buddha, was hier durchaus aufgrund der vier edlen Wahrheiten angebracht ist. Diese beginnen nämlich mit der Wahrheit vom Leiden.
Der Buddhismus besitzt außerdem in seinem Kern Erlösungslehren, was voraussetzt, dass diese Welt als leidvoll erkannt wird. Darüber hinaus, war es eindrucksvoll, wie Arthur Schopenhauer als eine der wenigen deutschen Philosophen das Leiden der Welt beschrieb. Krankenhäuser, Gefängnisse oder Schlachthäuser definiert er als finstere Behausungen des Elends, in welchen man sich vor den Blicken kalter Neugierde verkriecht. Er behauptet außerdem, dass Optimisten, die durch solche Einrichtungen geschickt werden, zuletzt auch einsehen werden, welche Art die beste aller Welten ist. Laut ihm die Anschauung des dauerhaften Leids. Wenn das Leben leidvoll ist, dann muss der Grund dafür in den Umständen des Lebens liegen. Schopenhauer war offensichtlich der Meinung, wie man schon an dem genannten Zitat „Alles Leben ist Leiden“ entnehmen kann, dass das Leben nur Leid und nie Glück bietet. Diese Annahme können sicherlich die Wenigsten, mich eingeschlossen, verstehen. Jeder hat auch in den unglücklichsten Phasen seines Lebens mal Glück gehabt und kann von sich behaupten, dass er nicht ausschließlich nur in Leid lebt. Selbst Menschen, die seit sie denken können, in Qual und Schmerzen leben, teilten auch schon einen erfreulichen Moment in ihrem Leben.
Nehmen wir als Beispiel mal die Einwohner Syriens. Diese leben schon seit Ewigkeiten unter der Kontrolle der diktatorischen Assad-Familie. Diese unterdrückt die Rechte der Menschen und möchte mit aller Kraft Syrien nach ihren Vorstellungen umformen. Im Film „Für Sama“ ist ein Dokumentarfilm, der von einer syrischen Frau vor Ort gefilmt wurde und sich mit der Situation der Syrier befasst. Seit dem die Studenten der Universität Aleppo eine Demonstration gegen das Regime in 2011 veranstalteten, versucht die Assad-Familie die Proteste der Freiheitskämpfer zu stürzen und mit aller Macht die Revolution zu verhindern. Der seither ausgebrochene Syrienkrieg versetzt das Leben der Menschen in Angst und Schrecken. Die Belagerung der Baath-Partei hat sich im Laufe der Jahre zu einem Stellvertreterkrieg um Machtverhältnisse entwickelt, in den Russland und Türkei involviert sind und Amerika bis Oktober 2019 involviert war. Das ist der Grund, weshalb die Lebensumstände in Syrien immer schlechter wurden. Die Einwohner sind seit dem Eintreten dieser wirtschaftlich stärkeren Länder unter ständigem Beschuss. Bombenangriffe, Blutbäder und Todesfälle gehört schon seit geraumer Zeit zum Alltag der Menschen. Städte wie Aleppo wurden vollständig geräumt und gleichen einer Geisterstadt.
Trotz des ganzen Terrors und des Wissens, dass der Tod an der nächsten Ecke lauert, versetzt es diese Menschen nicht in Trauer. Sie finden immer etwas, wie zum Beispiel ihre Kinder, mit denen sie, wenn auch nur kurz aus der dunklen Realität entfliehen können und ein Licht in Form von Glück sehen und Freude empfinden. Auch wenn Leiden einer der wichtigsten Etappen des Lebens ist, durch welches man auch in der Persönlichkeitsentwicklung extreme Fortschritte macht und Erfahrung sammelt, kann ich die Anschauung Schopenhauers nicht ganz nachvollziehen und denke, dass sich jeder Mensch, auch die die Tag für um ihr Überleben in Syrien kämpfen, nach Freude und Wohlbefinden sehnen und nicht unter dauerhaftem Einfluss des Leidens stehen wollen.

Pia Schloter
Laut dem Philosophen Arthur Schopenhauer, der sich mit dem Thema „Leid“ philosophisch auseinandersetzt, sollen die Menschen sich in ihrem Leben nicht freuen, wenn Menschen auf einem anderen Teil aufgrund von Krieg, Verfolgung etc. Leid erfahren müssen. Mit der Begründung „(…), daß Tausende in Glück und Wonne gelebt hätten, (…) ja nie die Angst und Todesmarter eines Einzelnen auf(höbe)“ verdeutlicht er nochmal seine Sichtweise. Wir, denen es gut geht, sollen ein „betrüb(tes)“ Leben führen aus Respekt gegenüber denen, die nichts für ihr Leid können. Ich stimme Schopenhauer nicht ganz zu.
Natürlich sollte man nicht wegsehen, wenn unschuldige Menschen auf der ganzen Welt Leid erfahren müssen. Im Gegenteil, man sollte definitiv mehr darüber aufklären und aufzeigen, wie die Umstände in anderen Teilen der Welt sind. Der Dokumentarfilm „Für Sama“, der hauptsächlich von einer syrischen Regisseurin gedreht wurde, ist dafür ein sehr gutes Beispiel. Er zeigt das Leben in Aleppo während des syrischen Bürgerkriegs auf und dient quasi als Liebesbrief der Regisseurin an ihre Tochter Sama, die in dieser Zeit dort aufgewachsen ist. In dem Film wird deutlich, wie schrecklich und von Angst behaftet das Leben in der syrischen Stadt ist. Tagtäglich müssen zahlreiche unschuldige Menschen, darunter auch Kinder, sterben.
Somit lehrt man auch Werte wie zum Beispiel Wertschätzung und Dankbarkeit, dass es uns in unserem Land so gut geht und quasi alles für unser Wohl gemacht wird. Außerdem sollte man sich auch dagegen einsetzen, dass Menschen aufgrund ihrer Ethnie, Religion oder politischen Einstellung (insofern diese nich extremistisch ausgeübt werden) verfolgt werden und Leid erfahren müssen.
Trotzdem bin ich der Meinung, dass nicht alle Menschen auf der Welt deshalb auch auf ein glückliches Leben verzichten müssen, auch wenn es Leidende gibt. Man sollte wie gesagt ein bisschen Mitgefühl und Verständnis mitbringen und die Umstände in anderen teilen der Erde sollten einen auch nicht ganz kalt lassen, jedoch ist es auch nicht besser, wenn man deshalb sein ganzes Leben aufgibt. Die Menschen, die kein Leid erfahren müssen, sollen glücklich und in Dankbarkeit leben, dass sie von solchen schrecklichen Umständen wie Krieg nicht betroffen sind.

Elias Taras
Ich denke, dass für die meisten die Syrienkrise in den letzten 10 Jahren keinen großen Einfluss auf das alltägliche Leben nahm. Es sei denn, man ärgerte sich darüber und konnte es nicht nachvollziehen, dass Deutschland sich so hilfsbereit zeigte, um Millionen von Menschen ein besseres Leben zu ermöglichen. Oder ganz im Gegenteil, man widmete sich einer Hilfsorganisation, hier in Deutschland oder in Syrien, um selber und aktiv Menschen in Not zu helfen.
Für die anderen (oder zumindest für viele) hatte dieses Thema denke ich, keinen wirklich großen Einfluss auf das alltägliche Leben. Man entwickelte seine Routine, die man Tag für Tag nachging und immer noch nachgeht. Klar, man ist sich des Bürgerkrieges in Syrien bewusst und man stellt sich auch vor, was das für einen Leid auslöst. Aber dieses Gefühl tritt auch nur dann auf, wenn man die schockierenden Bilder von hilflosen und verletzten Menschen in den Nachrichten oder der Zeitung sieht oder dieses Thema kurz in einem Gespräch aufgegriffen wird. Man empfindet Mitleid, welches begleitet wird vom erleichterten Gefühl selbst nicht in dieser schwierigen Lage zu sein. Nachdem kurz darüber nachgedacht wurde, kehrt man zurück zum Alltag und dieses Thema wird irgendwie verdrängt.
Inzwischen müssten aber die meisten von uns erkannt haben, dass „[unser] Glück […] ja nie die Angst und Todesmarter eines Einzelnen auf[hebe]“ (zitiert nach Arthur Schopenhauer). Wir sollten anfangen genauer darüber nachzudenken, was Leid genau bedeutet und wie es einen Menschen zerstören kann, wenn er zu viel davon erfährt.
Um dies tun zu können, muss man Mitleid empfinden. Dieses Gefühl wird vor allem dann erweckt, wenn man sich mit dem Leidenden identifizieren kann. Diese Identifikation findet statt, wenn man selbst einmal in einer ähnlichen Situation war, wie der Leidende. Mitleid kann aber erzeugt werden, wenn dies nicht der Fall ist, dazu muss man einfach bereit sein, sich das mögliche Leid vorzustellen. Meiner Meinung nach könnten sich momentan während der Corona-Pandemie viele der hier in Deutschland lebende (aber auch überall auf der Welt), welche in den letzten Monaten mit Existenzängsten zu kämpfen hatten oder Verwandte verloren haben, sich somit viel besser mit den Leidenden in Syrien identifizieren. Dadurch ist man auch bereitwilliger seinen Mitbürgern, welche vielleicht nicht so tolerant sind, durch eigene Erfahrung zu vermitteln, was wirklich dieses Leid bedeutet. Denn jeder hatte mal in seinem Leben gelitten und weis wie unvergesslich und erdrückend dieses Gefühl ist, egal wie gut es einem danach geht, vergleiche Zitat von Schopenhauer: „[…] eben so wenig macht mein gegenwärtiges Wohlsein meine früheren Leiden ungeschehn.“ Das Mitleid des Anderen kann dann somit als Antriebsfeder dienen, um denen in Not helfen zu wollen.
Zunächst will ich darauf aufmerksam machen, worin das Leid der Syrer zum Teil besteht. Im Zentrum des Bürgerkriegs in Syrien steht der Konflikt zwischen Regime-Unterstützern und Regime-Gegnern: Baschar al-Assad und sein innerer Zirkel wollen sich an der Macht halten. Es kämpfen Hunderte verschiedene Milizen gegen Assad, für die Freiheit, darunter sehr viele junge Menschen. Ebenso kämpfen aber auch Milizen für Assad und das bedauerlichste: der Staat ist ihm untergeordnet. Unzählige Syrer, die sich gegen sein Regime stellen, werden zu Unrecht gefoltert und festgenommen in Gefängnissen.
Martin Lautwein, war derjenige, der am eigenen Leib erfahren musste, wie es ist dem Regime hilflos ausgeliefert zu sein. 2018 wurde er zu Unrecht vom syrischen Geheimdienst inhaftiert. Die Zustände im Gefängnis waren unmenschlich. Er wurde wochenlang körperlich verletzt von den Gefängniswerter. Jedoch sind die psychischen Schäden, verursacht durch das Leid, welches er erfahren musste, lebenslänglich. Er ist außerdem Zeuge, dass dort täglich syrische Bürger gefoltert wurden. Dieses Leid prägte ihn, da er das unglücklicherweise selbst durchmachen musste, kann er sich mit den zahlreichen Opfern des Terror-Regimes identifizieren. Er ist derjenige, der uns (mehr oder weniger unwissende) in Deutschland auf diese Ungerechtigkeit aufmerksam machen will und Anzeige gegen den syrischen Geheimdienst erstattet hat. Jedoch gibt es bereits hunderttausende Anzeigen gegen Folter und Verstoß der Menschenrechte in Syrien aber es werden weiterhin massenweise Syrer vom eigenen Staat misshandelt. Die Niederlande verklagte bis jetzt als einziger den gesamten syrischen Staat wegen Verstoß des Anti-Folter-Abkommens. Dieser Schritt könnte ein Verfahren vor dem Internationalen Gerichtshof nach sich ziehen und helfen, Druck auf den UN-Sicherheitsrat auszuüben. Ich unterstützte dies total und bin der Meinung, dass es zum wichtigsten Schritt werden sollte, Assads-Regime zu verhaften und zu sanktionieren. Deutschland sollte wie die Niederlande anfangen sich dafür zu beteiligen.
Es ist die Aufgabe eines jeden Menschen, denjenigen in Not zu helfen. Das geht durch Spenden, Beteiligung an Hilfsorganisation und vor allem in diesem Fall durch das gemeinsame Kämpfen für die Menschen Rechte. Dies sollte anfangen, wenn nicht schon, ein Teil unseres Alltages zu werden.